Ich weiß nicht so recht, ob ich zum überzeugten Panini Bildchen Sammler und Kleber werde. Man investiert doch schon eine Menge Zeit: Kaufen, Aufreißen, Sortieren, Einkleben – na und Tauschen (mit anderen Sammlern) bestenfalls. Zum Glück bekomme ich von Merlin, einem versierten Panini-Heft-User, für meine Panini-Premiere generös seine doppelten Bildchen zur Verfügung gestellt.
Da sitze ich also vor zwei Stapeln Bildchen – anerkennend muss dann noch erwähnt werden, dass diese schon mal von Merlin einigermaßen vorsortiert sind. Ich verbringe trotzdem eine ganze weitere Stunde damit, weiter nach Ländern zu sortieren, um dann in genau zwei Stunden, 15 Minuten und 45 Sekunden 387 Bildchen Doppelseite für Doppelseite, Land für Land ordentlich aufzukleben. Ich will das Heft ja schließlich für die Agentur zu einem wertvollen Sammler Gegenstand machen (so für schlechte Zeiten …).
Na, ja – das Heft ist jetzt ungefähr zur Hälfte gefüllt und ich habe immer noch einen ganzen Stapel mit doppelten Bildern vor mir. Komischerweise habe ich von einigen Spielern extrem viele doppelt – so dass ich mir die Frage stelle, ob die einzelnen Bilder tatsächlich in unterschiedlichen Auflagen produziert werden, damit es auch spannend bleibt und man geneigt ist, noch mehr zu kaufen? Und überhaupt, wie viel Geld investiert man denn da jetzt so, bis das Ding voll ist? Und: schafft man überhaupt, es jemals komplett zu füllen – so ohne tricksen und Einzelbildchen nachbestellen?
Im Internet lese ich, dass Prof. Paul Harper, Mathematik-Professor der Cardiff University errechnet hat, dass man durchschnittlich 4.832 Sticker oder umgerechnet auf Tütchen, 967 Panini-Tütchen erwerben muss, damit das Heft komplett voll wird. Das macht zurzeit, bei einem Tüten Preis von 90 Cent ca. 870,30 € – eine echt kapitale Anlage! Der Professor hat allerdings den kommunikativen Aspekt des Tauschens von Sammelbildern nicht berücksichtigt – in meinen Augen ein sehr wichtiger Faktor des Sammelns von Dingen überhaupt!
Alles Mögliche wird von Menschen gesammelt: Briefmarken, Fotos, Kunst, Autos, Weisheiten, Freunde, Zeitungsausschnitte, Designermöbel, Porzellan, Mode, Insekten oder Schmuck. Das Motiv von Sammlern? Sammler sammeln, weil sie damit zeigen, dass sie etwas haben, was andere nicht haben, sie sammeln, weil sie damit materiellen oder ideellen Besitz anhäufen oder damit für harte Zeiten vorsorgen, sie sammeln, weil sie sich für ein Thema besonders interessieren und alles darüber besitzen oder wissen wollen, sie sammeln vielleicht auch, weil sie auf diese Weise andere Menschen treffen, die die gleichen Interessen haben.
In meinem Leben sind mir schon viele Sammler begegnet: Kaurimuschel-Sammler, Getränkedosensammler, Münzsammler, Gesteinssammler und Schallplattensammler – die beispielsweise nur Vinyls einer einzigen Band in unterschiedlichen Pressungen aus verschiedenen Ländern sammeln. Die Faktoren Zeit und Kommunikation spielen bei den meisten Sammlern eine große Rolle. So brauchen manche Sammler ein ganzes Leben um Ihre Sammlung zu vervollständigen – manchmal bleibt die Sammlung aber auch unvollständig.
Sammler kommunizieren mit anderen Sammlern. So auch eine Kundin von uns, die mir im Rahmen dieser Fußball WM erzählte, dass sie die Fußball Sammelbildchen von Rewe sammelt und die doppelten auf postalischem Wege mit Ihrem Lieblingsonkel austauscht – ich finde es toll, wenn die Sammlung dazu führt, sich miteinander auszutauschen.
Das Besorgen der letzten 19 Bilder im Panini Heft dauert – laut Aussagen von Professor Harper – genauso lange, wie das Sammeln der 663 Sticker davor. Na da haben wir ja noch was vor! Und einem bereits beendeten Angebot von Ebay entnehme ich, dass ein komplett geklebtes und ohne Eintragungen versehenes Panini Album der WM 1974 (da war ich gerade ein paar Monate alt) bei 47 Geboten 360,50 € gebracht hat – nicht schlecht aber natürlich kein Vergleich zu investierten rund 870 € – Inflation jetzt nicht mit eingerechnet. Damit ich zur passionierten Panini-Sammlerin werde, sollte der Verlag allerdings erst mal die Aufkleber optimieren. Ich brauche 21,04 Sekunden pro Motiv, um das Trägerblatt des Aufklebers abzuknibbeln und das Bild aufzukleben, nur weil auf der Rückseite der Trägerfolie des Aufklebers die praktische Nutung fehlt, die es dem Nutzer erleichtert, den Aufkleber von der Trägerfolie abzuziehen. Ergo: Panini ist Kult, aber nicht User-optimiert.
Text: Daniela Höhmann
Illustration: Marc Ramage